söndag 17 augusti 2008

Arbetsliv

Hej hej liebe Leser - es wird ja wirklich mal wieder Zeit, dass ich mich melde... Zu meiner Entschuldigung sei gesagt, dass ich mich auf Arbeit so wohl fühle, dass ich gar nicht genug davon bekommen kann ;)
Damit ihr das auch nachvollziehen könnt, beschreibe ich die aus meiner Sicht so tolle, schwedische Arbeitswelt anhand meiner beiden Jobs.
Zum einen wisst ihr ja schon, dass ich nen Job bei Media Markt habe, der sich mittlerweile zu ner 66% Festanstellung entwickelt hat. Damit meine ich jetzt nicht die Kündigungswahrscheinlichkeit, sondern den Arbeitsanteil. Hier in Schweden funktioniert der Arbeitsmarkt nämlich flexibler als in Deutschland. So besteht eine 100% Anstellung aus 38,5 Stunden pro Woche, aber es gibt eben auch viele Angestellte, die so wie ich weniger arbeiten. Es ist auch nicht unüblich die Arbeitszeit je nach Bedarf zu senken, oder zu heben. So hatte ich beispielsweise erst ne 25% Anstellung, aus der innerhalb einiger Woche ne 50%, dann ne 60% und jetzt 66% wurde :) Das ganze hat für die Unternehmen den Vorteil, auf eine veränderte Auslastung flexibel reagieren zu können. Fuer die Arbeitnehmer hingegen bringt es ein hohes Mass an Jobsicherheit mit sich, da es nur selten notwendig ist, Mitarbeiter zu entlassen.
Mein zweite Arbeitsstelle, die ich vor allem daher angenommen hatte, weil es mit dem ursprünglichen 25% bei Media Markt finanziell eng geworden wäre, ist (sehr schwedisch;) bei IKEA. Derzeit springe ich aber nur dort ein, wenn Not am Mann ist, denn bei Media Markt bin ich schon gut ausgelastet und die Arbeit dort ist auch etwas anspruchsvoller. An Computern und Mobiltelfonen kann man halt bisschen mehr drehen, als an Möbeln und bei Media Markt hab ich zusätzlich administrative Aufgaben.
Vom guten schwedischen Arbeitsklima hatte ich ja schon in diversen Auswandererberichten gelesen und nun, nach 2 Monaten in zwei schwedischen Jobs, kann ich all dies bestätigen.
Ich hatte noch nie im Leben nen Beruf, der so viel Spaß gemacht hat, wie meine beiden derzeitigen. Dies resultiert weniger aus der eigentlichen Tätigkeit, als vielmehr aus dem ausgezeichneten Arbeitsklima. Für dieses gibt es mehrer Faktoren, welche vor allem in der schwedischen Gesellschaft zu finden sind.
Diese sind: flache Hierarchien, Gruppenarbeit, freundlicher Umgang und Respekt voreinander und eine ausgeprägte Wertschätzung gemütlicher Kaffeepausen :)
Das die Schweden nicht viel auf Titel und Höflichkeitsfloskeln geben, hab ich bestimmt schon mehr als einmal erwähnt. Dies spürt man natürlich vor allem in der Arbeitswelt, in der man dem Chef mit "du" und Vornamen anspricht und dieser, ganz selbstverständlich, mit allem seinem Mitarbeitern am Kaffeetisch sitzt und dessen Tür immer (wortwörtlich) offen steht. Am deutlichsten wird dies bei IKEA, wo praktisch die gesamte Verwaltung in einem großen Raum beieinander sitzt und wo weder Möblierung, Kleidung oder räumliche Positionierung irgendeine Hierarchie erkennen lassen. Das dieser Raum allen 400 Mitarbeitern jederzeit offensteht, ist dabei selbstverständlich. Die Verteilung von Arbeit und Verantwortungsbereichen ist natürlich auch hier klar verteilt, dennoch hilft man einander darüber hinaus. Wenn man zum beispiel morgens Waren nachfüllt und neben einem der Geschäftsführer in blauen Arbeitsklamotten steht, Servietten sortiert und sich mit einem über Sport, Familie und Kinofilme unterhält, so sollte man sich nicht wundern. Auch ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Mitarbeiter über das Unternehmen auf dem laufenden gehalten und in nahezu alle Entscheidungen einbezogen werden. Aus diesem Grund gibt es für alle (!) Mitarbeiter regelmäßige Treffen, in welchen ausführlich über Umsatzahlen, Veränderungen im Arbeitsablauf und personelle Veränderungen informiert wird. Dabei wird auch nicht mit Lob und Dank an die Mitarbeiter gespart.
Das man sich gegenseitig hilft und als Gruppe zusammenarbeitet ist völlig normal und somit entfällt nahezu die Kategorisierung in "meine" und "deine Arbeit" und Hilfe ist jederzeit durch jeden zu erwarten. Dies geht soweit, dass man regelmäßig von seinem Kollegen an die Pausen erinnert wird - nicht dass man sie etwa verpasst;) Pausen haben allgemein in Schweden einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert. Dies wird vor allem an deren Häufigkeit und der Qualität der Pausenräume deutlich. Natürlich ist gratis Kaffee und Tee obligatorisch, was bei IKEA durch ein ständiges Buffet fuer 1 €, sowie ein Mittagessen für 3 € komplettiert wird. Bei Media Markt gibt es dagegen kostenloses Obst und nen Entspannungsraum mit Massagesessel.
Schließlich ist es unüblich, seine Mitarbeiter unter Druck zu setzen, sondern vielmehr wird durch positiven Zuspruch motiviert. So vergeht eigentlich keine Woche, in der man nicht wenigstens einmal für seine gute Arbeit gelobt würde. Hingegen habe ich noch nie erlebt, dass jemanden ein Fehler persönlich zum Vorwurf gemacht wurde. Vielmehr werden diese benannt und alle Arbeitskollegen dazu angehalten, diese zu vermeiden. Persönliche Vorwürfe und Kränkungen werden dabei - wie in Schweden generell üblich - vermieden. Kurzum in Schweden gibt's nicht die Peitsche, sondern Zuckerbrot (oder Mohrrübe, wie es hier heißt:).
Nach dieser Schilderung ist es wohl nicht schwer zu verstehen, dass ich hier in einem äußerst entspannten und meist geradezu ausgelassen fröhlichen Klima arbeite. Der Arbeitsalltag wird dabei noch von meist sehr angenehmen und durchaus lustigen Kunden versüßt. Letzteres beruht auch wiederum auf den sehr persönlichen Umgang miteinander. So ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass man mit Kunden auch über privates spricht und Witze reist. Dies spiegelt sich auch darin wieder, dass man sich gegenüber anderen mit seinem Spitznamen vorstellt (falls man einen hat). So heißen einige meiner Kollegen nicht etwa Gabriel, Fredrik und Per, sondern Gabbe, Fredde und Pelle :)